
Der Beginn war zäh: Nie zuvor hatte ich einen Berg erklommen. Doch je tiefer ich in die karge, winterkalte Landschaft des tschechischen Aprils eintauchte, desto tiefer verwob ich mich mit ihr. Ich beobachtete das knorrige Wachstum der Bäume, das blasse Blau der Flüsse, wie der Bergwind meine Knochen durchdrang. Euorpas blaue Abende und die Stille der Wälder riefen in mir die Liebe zur Biologie wieder wach.
Die Sprache war eine unsichtbare Mauer. Mein Englisch, geübt und doch nicht makellos, kämpfte gegen die fremden Klänge der tschechischen Zunge. Aber am Ende sprach ich freier und beweglicher, als hätte die Reise meine Worte selbst befreit.
Die tschechischen Mädchen. Unsere gemeinsamen Stunden in Cafés, in Bibliotheken und unsere kleinen Spaziergänge durch die Gassen des tschechischen Städtchens. - Alles wurde ein kleiner Schatz.
Meine Austauschschülerin Yana. - Ihre Familie empfing mich mit einer Herzlichkeit, die wie ein stiller Strom mein Herz durchdrang. Unaufhörlich tauschten wir Gedanken aus - über Weltanschauungen, Literatur, die feinen Verwebungen von Sprache und Kultur. In der Kirche ihrer Familie legte ich meine Hände auf die Tasten der Orgel. Die Luft strömte durch die Pfeifen, Musik wurde zur Gestalt gewordenen Sehnsucht. Was einst Klaviemelodie war, verwandelte sich in Gottes leises Flüstern, das über das Gewölbe hinwegglitt.
Als ich abreiste, riss eine Wunde auf. Eine Traurigkeit, als hätte ich einen Teil meines Frühlings zurückgelassen.
Mein Wunsch ist einfach und doch unendlich:
Noch einmal möchte ich durch die Gassen Tschechiens wandern. Und darüber hinaus - will ich Länder; Menschen, Horizonte berühren, bis mein Herz Schicht um Schicht neu formt - voller Licht, voller Tiefe, voller Leben.
Yichuen Deng ist chinesische Muttersprachlerin und lebt seit gut zwei Jahren im Internat in Michelbach. Sie war eine von 16 Schülerinnen und Schüler, die dieses Jahr zum ersten Mal ins böhmische Frydlandt in Tschechien fuhren. Wir begleitenden Lehrkräfte können Yichuens Sehnsucht nach diesem Ort sehr gut verstehen. Auch wir möchten unbedingt wieder hin.
Ganz wie viele unserer Schülerinnen und Schüler haben wir neben der Gastfreundschaft besonders den Ausflug nach Prag, vor allem aber auch unser Projekt, das Street-Art Festival zu Kafka genossen. (Wir würden auch jederzeit wieder vor dem Frydlandter Rathaus mit euch tanzen.)
Natürlich haben sich nicht alle so gut wie Yichuan mit ihrer Austauschpartnerin verstanden, (wie auch, schließlich sind es ja nun eher Zufallsbekanntschaften) aber doch viele.
Achim Meindel konnte als Schulleiter bereits einen Kooperationsvertrag mit unser Partnerschule, dem Gymnasium Frydlandt, unterschreiben. Wir werden also auf jeden Fall wieder hinfahren.
Wir beide danken allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern für eine wunderbare Woche, in der ihr aus unserer Sicht interkulturelle Herausforderungen genauso gemeistert habt, wie die speziellen Herausforderungen des Projekts. - Und immer zurverlässig wart!
Achim Meindel und Elisabeth Matthes