Michelbacher Schüler ZOOMen über 7 Zeitzonen hinweg

Ganz überwiegend positive Erfahrungen machen die Schüler und Lehrer derzeit mit dem Fernunterricht am ESZM. Dieser findet für alle Klassen und Kurse online nach dem gewohnten Stundenplan mit Hilfe kontinuierlicher ZOOM Sitzungen statt. Auf diese Weise können auch alle Internatler, die derzeit nicht anreisen können, uneingeschränkt am Unterricht teilnehmen. Auf dem Bildschirm von Englischlehrerin Laura Hecker versammeln sich beispielsweise zur Teilnahme an den Abiturvorbereitungen im Leistungskurs neben Schülern aus weiten Teilen von Hohenlohe auch Teilnehmer aus der Nähe von Göppingen und dem Allgäu. Aus deutlich größerer Distanz beteiligen sich Eduard und Lechi mit einer Zeitverschiebung von 6 bzw. sogar 7 Stunden (!) am Unterrichtsgespräch: Eduard wohnt in Novosibirsk, wo er die Weihnachtsferien bei seinen Eltern verbracht hat. Während er zu Hause gemeinsam mit dem Kurs am Rechner arbeitet, herrschen draußen in Ostsibirien, 3300 km östlich von Moskau, derzeit Nachttemperaturen von nahezu -40°C. Lechi schaltet sich aus Suzhou zu. Diese bei uns weitgehend unbekannte, etwa 100 km westlich von Shanghai gelegene 10 Millionen Metropole ist wegen ihrer alten Tradition bedeutender Gärten berühmt, die im dortigen subtropischen Monsunklima des Yangtze-Deltas besonders prachtvoll gedeihen. Hier bereitet sich Lechi derzeit bei milden 15°C und Sonnenschein mit ihren Mitschülern aus Michelbach auf das im Frühjahr anstehende Englischabitur vor.

Die Gestaltung der Onlinestunden wird mit zunehmender Erfahrung aller Beteiligten mittlerweile immer kreativer: Anwesenheitskontrollen im digitalen Klassenbuch, Lehrerpräsentationen, Unterrichtsgespräche und das gemeinsame Bearbeiten von Arbeitsblättern lassen sich ähnlich wie im Präsenzunterricht durchführen. Geschichtsreferendarin Andrea Schneider hat darüber hinaus für ihre Schüler in der 6. Klasse eine Art Exitgame zum Thema Städte im Mittelalter entwickelt, mit dem die Sechstklässler nächste Woche in die Welt von Michael, dem Sohn eines mittelalterlichen Stadtherren aus dem Jahr 1150, eintauchen. In einer der gerade zahlreich entstehenden Städte erleben sie mit diesem ein spannendes Abenteuer: in der Rolle von Michaels Freunden lösen die Schülerinnen und Schüler ein kniffliges Rätsel, das die Familie des Stadtherren aus der Gewalt eines fiesen Ritters befreit. Tobias Winter hat in Physik zum Thema Akustik mit den Schülern der 8G einige kleine Versuche zum Thema “Entstehung von Schall” durchgeführt. Dazu sind sie in digitale Breakout-Rooms gegangen und haben in kleinen Gruppen von zu Hause aus gemeinsam versucht Töne zu erzeugen und diese Töne dann systematisch zu verändern. „Eine Gruppe hat die Thematik sehr schön am Beispiel eines Lineals erarbeitet, indem sie es auf den Tisch gelegt und in Schwingung versetzt und dann die Länge des Lineals variiert haben. Je kürzer das Lineal, umso schneller seine Bewegung und desto höher wurde der Ton.“ Dies haben sie dann im Plenum vorgeführt. Beim Versuch, aus dem “Schall” Musik zu machen, stoßen die Musiklehrerinnen und Musiklehrer allerdings an digitale Grenzen; gemeinsames Singen oder Musizieren über ZOOM führt im besten Falle zur Belustigung der Beteiligten. Darum wird auch hier mit kreativen Alternativen gearbeitet: im Musikprofil der 10. und 11. Klasse entstand beispielsweise eine Don-Giovanni-Inszenierung, in der Playmobilmännchen, glitzernde Plastikhirsche, Schleich-Aliens und sogar ein Wellensittich aus den Zimmern der Jugendlichen heraus die Hauptrollen übernahmen. Besonders gefreut hat sich das Kollegium über die wertschätzenden Rückmeldungen der Elternvertreter, zum Beispiel der 5G, die sich bei den Lehrern für die „überaus engagierte Arbeit, insbesondere in der jetzigen Homeschoolingphase“, bedankten: „Wir freuen uns als Eltern sehr darüber wie professionell und bemüht die gesamte Schule versucht diese besondere Situation zu meistern und sowohl den vielfältigen Ansprüchen als auch den Bedürfnissen der Kinder gerecht zu werden. Von Herzen: Danke!“.

Auch der neuerlichen Verlängerung der Schulschließung begegnen die Lehrer und Schüler des Evangelischen Schulzentrums also weitgehend mit Gelassenheit, auch wenn natürlich auch hier zu spüren ist, wie sehr alle eine Ende der Situation herbeisehnen. Um neben der Wissensvermittlung auch auf die Sorgen und Ängste der Schülerinnen und Schüler eingehen zu können, bieten die Klassenlehrerinnen wie Julia Bächle, die die 10G leitet, digitale Sprechstunden an und die Beratungs- und Gesprächsangebote der Schulpsychologin und des Schulseelsorgers wurden ausgeweitet. Dass diese Angebote gut angenommen werden, und auch die Freude, mit der Schülerinnen und Schülern zwischendurch auch nicht ganz so ernste Aktionen wie “Verkleidungsstunden” mit organisieren, zeigt, wie wichtig es ist, die Schule besonders in einsamen Zeiten als Ort der Gemeinschaft erlebbar zu machen!